Schönhengster Heimatbund e.V. Göppingen Schloßstraße 14 73033 Göppingen Tel. 07161 69922
Eine
der
größten
deutschen
Sprachinseln,
das
Schönhengster
Land
lag
südlich
des
Sudetengebirges
beiderseits
der
böhmisch-mährischen Landesgrenze. Diese Landschaft durchzogen wichtige Verkehrslinien von Osten und Süden nach Böhmen.
Nur ein schmaler Streifen tschechischer Ortschaften trennte den Schönhengstgau im Norden und Osten vom geschlossenen
deutschen Sprachgebiet. Die etwa 280 km lange Sprachgrenze umfaßte eine Fläche von 123000 ha. In 148 Gemeinden, darunter die
sechs Städte Zwittau, Brüsau, Mährisch Trübau, Landskron, Hohenstadt und Müglitz, lebten im Jahre 1939 über 126000
Einwohner, von denen 84 Prozent deutsch waren.
Die Besiedelung
Funde
belegen,
daß
das
Schönhengster
Land
bereits
den
Menschen
der
Jungsteinzeit
als
Siedlungs-
und
Durchgangsland
diente.
Um
2000
v.
Chr.
Lebten
um
Müglitz
Menschen
der
Urnenfelderkultur,
deren
Hügelgräber
(mogil
=
Grabhügel)
aller
Wahrscheinlichkeit nach Müglitz den Namen gaben.
Es
öffneten
vor
allem
die
Täler
der
Zohsee
und
der
Mährischen
Triebe
vom
Marchbecken
her,
das
Tal
der
Zwitta
vom
Brünner
Becken
her
den
Weg
über
das
böhmisch-mährische
Hügelland.
So
ist
ziemlich
sicher,
daß
spätere
Stämme
und
Völker,
die
Böhmen
und
Mähren
besiedelten, die keltischen Bojer, Germanen und Slawen, ihren Weg über den Schönhengst
genommen haben
.
Den
ersten
schriftlichen
Quellen
nach
war
der
Schönhengster
Land
um
1000
n.
Chr.
Nur
entlang
der
Steigen
und
Wasserläufe
dünn
besiedelt,
ansonsten
menschenleer.
In
der
zweiten
Hälfte
des
13.
Jahrhunderts
kamen
deutsche
Siedler
aus
dem
Westen
und
Norden,
vor
allem
aus
Mainfranken,
auf
den
Ruf
des
Königs
von
Böhmen,
Pfemsyl
Ottokar
II,
und
des
Olmützer
Bischofs
Bruno
von
Schaumberg
ins
Land.
Sie
rodeten
den
Grenzwald,
bauten
Städte
und
Dörfer.
Im
Auftrag
der
Obrigkeit
und
in
friedvoller
Absicht
schufen
sie
aus
grüner
Wurzel ein blühendes Bauernland.
Der Schönhengster Mensch
Die
deutschen
Kolonisten
unterscheiden
sich
schon
in
ihrem
Zusammenleben
deutlich
von
den
Slawen.
Hausten
diese
in
ihren
Runddörfern
eng
zusammen,
verwischten
sich
hier
Grenzgemarkungen
leicht
zu
einem
losen
Kollektiv,
so
schieden
sich
die
deutschen
Siedler
in
ihren
Waldhufendörfern
sichtlich
vom
Nachbarn
ab.
Sie
achteten
dessen
Grenzen,
wollten
aber
auch
die
ihren
gewahrt
wissen.
Da
wie
dort
Nachbarschaftshilfe
in
Notfällen,
dort
aber
eher
aus
dem
Instinkt
heraus,
hier
aus
Vernuftsgründen,
was
alsbald
zur
Ausbildung
von
Organisationen
führt.
Diese
Neigung,
sich
der
Umwelt
gegenüber
abzukapseln,
steigert
sich
noch
durch
die
Gefahren,
mit
denen
eine
neue
Umgebung
aufwartet.
Mißtrauen
gegenüber
Fremden
wächst.
Vierkanthöfe
wie
Burgen
verdeutlichen
das
Verlangen,
sich
zu
schützen.
Innerhalb
der
Familie,
die
sich
um
das
schutzbefohlene
Gesinde
erweiterte,
lebten
Mundart,
Volkslied und Brauchtum über die Jahrhunderte fort.
Das Schönhengster Dorf
Mit
Ausnahme
weniger
Runddörfer,
die
gerade
in
vorhandene
Talkessel
paßten,
wurden
im
Schönhengster
Land
überall
Reihendörfer
angelegt.
Der
Grundherr
schloß
mit
dem
eigentlichen
Dorfgründer,
dem
Lokator,
einen
Vertrag
ab.
Dieser
erhielt
ein
entsprechendes Ausmaß an Land zugewiesen und übernahm die Verpflichtung, darauf deutsche Bauern anzusiedeln.
Der
Bach
mit
seinem
lebensspendenden
Wasser
bildet
die
oft
mehrere
Kilometer
lange
Achse
eines
Schönhengster
Dorfes.
Auf
der
Talhöhe,
zu
beiden
Seiten
des
Baches,
dem
Wasser
nahe,
doch
den
Gefahren
von
Überschwemmungen
entrückt,
stehen
die
Bauernhöfe,
fränkische
Vierkanter.
An
jeden
Hof,
der
von
Obst-
und
Gemüsegärten
umgeben
war,
schloß
sich
in
einem
breiten
Streifen
das
Ackerland
an,
oft
von
einem
sanften
Wiesengrund
unterbrochen.
Der
Wald
schloß
die
Grundstücke
ab
und
bildete
die
Grenze zum Nachbarort.
Der
Lokator,
nach
dessen
Namen
das
Dorf
meist
benannt
wurde,
bekam
als
Lohn
für
seine
schwierige
Arbeit
der
Dorfgründung
einige
Vorrechte
und
wurde
Erbrichter
des
Dorfes.
Ihm
stand
der
dritte
Teil
aus
den
Einnahmen
der
niederen
Gerichtsbarkeit
zu.
Er
erhielt
eine
oder
zwei
Mühlen
und
zwei
oder
drei
Zinsbauern,
die
ihm
bei
der
Feldarbeit
helfen
mußten.
Er
konnte
sich
Handwerker
vom
Schmied
bis
zum
Fleischhauer
halten,
besaß
die
Schankgerechtigkeit
und
mitunter
auch
das
Recht,
Bier
zu
brauen.
Dagegen
mußte
er
zum
Dienst
bei
der
Herrschaft
zu
Roß
oder
zu
Fuß
mit
einer
Armbrust
bewaffnet,
bereit
sein.
Doch
konnte
er
für
diesen
Dienst
auch
einen
geeigneten
Mann stellen.
In
jeder
gerodeten
Landschaft
wurde
nach
einem
wohlüberlegten
Plan
als
Mittelpunkt
der
Verwaltung
und
des
kirchlichen
Lebens
und
als
Markt
eine
Stadt
angelegt.
Ursprünglich
waren
auch
die
Bürger
der
Städte
Bauern.
Sie
übten
aber
neben
ihrer
Landwirtschaft
noch
ein
Handwerk oder ein Gewerbe aus. Oft waren den Städte zwei oder drei Dörfer rechtlich und wirtschaftlich angegliedert.
Durch
die
deutsche
Ostsiedlung
wurde
eine
Brücke
zu
den
slawischen
Völkern
des
Ostens
geschlagen.
Es
war
eine
Brücke
des
Friedens,
der
Freiheit,
der
gegenseitigen
Hilfe
und
der
Kultur.
Nicht
durch
das
Schwert
wurde
der
Schönhengstgau
in
Besitz
genommen, sondern durch die redliche Arbeit, durch Leid und Tränen.
Schönhengster Tracht
Ein
wesentliches
Stück
unserer
alten,
lebendigen
Volkskultur
ist
unsere
Tracht.
Wenn
sie
auch
in
der
Heimat
nicht
mehr
allgemein
getragen
wurde,
so
war
sie
uns
doch
in
manchen
Dörfern,
wie
in
Laubendorf,
erhalten
geblieben.
Unsere
Tracht,
wie
sie
noch
in
der
ersten
Hälfte
des
19.
Jahrhunderts
getragen
wurde,
bestand
bei
den
Männern
aus
einer
Otternfellmütze,
dem
breiten
ledernen
Gürtel
und
hohen
Faltenstiefeln.
Die
Frauen
trugen
den
Bärkittel,
einen
einfachen,
bis
zu
den
halben
Waden
reichenden
Wollrock,
der
an
Bändern
von
den
Schultern
herabhing.
Vor
Jahrhunderten
war
der
Bärkittel
das
Festkleid,
später
wurde
er
als
Unter
gewand
und
Hauskleid
getragen.
Die
Feiertagstracht
bestand
bei
den
Frauen
aus
dem
,,Hembla",
das
über
dem
Hemd
getragen
wurde.
Darüber
trug
die
Frau
das
wollene,
seidene
oder
samtene,
silber
oder
gold-
gestickte
Leibchen
und
den
perlengestickten
,,Bund"
als
blitzenden
Gürtel.
Das
Leibchen
hatte
ein
eigenes
,,Zierbrettchen”,
das
mit
Goldflitter
und
Perlenstickerei
geschmückt
war.
Über
allem
wurde
der
Janker
oder
auch
ein
Umhängetuch
getragen.
Die
Braut
trug
den
roten
Brautmantel
und
die
herrliche
formenreiche
Goldhaube.
Das
blumige
Kopftuch,
der ,,Sax“, wurde sehr kunstgerecht um die Stirn ,,geknüpft" und fiel mit zwei Enden schopfig auf die Schultern hinab.
Zur
älteren
Männertracht
gehörte
im
Schönhengster
Land
auch
die
enganliegende
Kniehose
aus
früher
weißem,
später
schwarzem
oder
gelbem
Bocksleder,
die
auf
beiden
Seiten
mit
kleinen
gelben
Quasten
verziert
war.
Die
Strümpfe
waren
weiß,
blau
oder
grau.
Die
Niederschuhe
glänzten
im
Schmuck
großer
silberner
Schnallen.
Die
Weste,
meist
von
derselben
Farbe
wie
die
Hose,
zierten
walnussgroße
Silberknöpfe.
Der
Gürtel,
,,Beigürtel“
genannt,
war
acht
Zoll
breit,
aus
Kielen
von
Pfauenfedern
verfertigt
und
an
den
Rändern
weiß
gestickt.
Das
geblümte
rote
oder
blaue
Halstuch
wurde
unterm
Kinn
zu
einem
Knoten
gebunden.
Am
Hochzeitstage
trug
der
Mann
zum
ersten
Male
den
,,Schwenker",
einen
bis
zum
Boden
reichenden
Rock
aus
blauem,
dunkelgrünen
oder
braunem
Tuch
mit
zwei
Reihen
Knöpfen,
die
bis
zu
den
Knien
zugeknöpft
wurden.
Der
Hut
war
aus
grobem
Filz
und
zuerst
dreieckig.
lm
Winter
trugen
die
Männer
den
Zipfelpelz.
Beim
Wandel
der
Tracht
um
1830
konnten
an
Stelle
der
Schnallenschuhe
auch
Röhrenstiefel
getragen
werden.
Der
Schoßenrock
reichte
1848
noch
bis
zu
den
Knien
und
wurde
später
zum
kurzen
Janker.
Schon
1830
war
der
Hut
ein
mächtiger
Zylinder.
Es wurden aber auch niedrige Hüte und grüne Samtkappen getragen.
Bei
der
Frauentracht
wandelten
sich
die
weißen
Puffärmel,
bis
sie
nicht
mehr
so
bauschig
waren,
dafür
aber
mit
Stickereien
und
Goldborten
reich
verziert
wurden.
Das
Festkleid
aus
großblumiger
Seide
war
mit
dem
weißen
Spitzenkragen
und
den
weiten
Ärmeln
in
großer
Form.
An
gewöhnlichen
Sonntagen
wurde
zu
dem
Kleid
eine
breite
Schürze
getragen.
Die
Strümpfe
waren
rot,
später
auch
weiß,
statt
der
früheren
Pantoffeln
trugen
die
Frauen
Schnallen-
Schuhe.
Nach
1900
brachte
die
Jugendbewegung,
der
Erste
Weltkrieg
und
die
Fremdherrschaft
im
Tschechenstaat
die
Besinnung
auf
die
eigene
Art
und
die
Werte
der
Volkskultur
und
damit
auch
die
Erneuerung
unserer
Tracht.
Es
ist
ein
beglückender
Anblick,
unsere
Jugend
an
den
Schönhengster
Tagen
in
ihrer
schmucken
Tracht
tanzen,
singen
und
spielen
zu
sehen.
Von
der
Volkstracht
führt
ein
gerader
Weg
zur
Volkskunst.
Man
kann
diese
Kunst
nicht
als
Nachahmung
abtun.
Die
Volkskunst
verhalt
sich
zur
hohen
Kunst
wie
die
Mundart
zur
Schriftsprache.
Sie
ist
Quelle
und
Seitenlauf
der
hohen
Kunst.
Ehedem
wurde
die
Tracht
im
Hause
entworfen,
genäht
und
geschmückt.
Es
war
vor
allem
der
Schmuck
der
Tracht,
bei
dem
alle
wertvolle
Nadelarbeit
begann.
Was
mußte
nicht
alles
gestickt
werden?
Die
Spitzenkragen,
die
Hals-
und
Taschentücher,
die
Unterröcke
und
die
Brauttücher.
Die
Stickerinnen
schmückten
mit
den
frischen
Farben
und
kunstreichen
Mustern
ihrer
Stickereien
die
Leibchen
der
Frauen
und die Westen der Männer.
Wie
die
Frauen
mit
der
Nadel,
betätigten
sich
die
Männer
mit
dem
Schnitzmesser.
Ihr
Schnitzwerk
kam
den
Zäunen,
Schindeln,Giebeln
und
Glockentürmen
zugute.
Auch
die
Arbeit
unserer
Handwerker,
der
Zimmerleute,
Tischler,
Drechsler,
Schlosser
und
Steinmetze,
kann
vielfach
als
Volkskunst
angesprochen
werden.
Hier
sei
noch
einmal
auf
unsere
Weihnachts-
krippen
verwiesen.
Jede
Krippe
war
der
Ausdruck
der
Persönlichkeit
ihres
Erbauers
und
doch
auch
das
Abbild
unserer
Landschaft.
Schließlich
sind
auch
unsere
Volkstänze,
vom
feierlichen
,,Einzugsstets"
über
die
gemütliche
,,Woaf“
und
das
neckische
,,Rutkatla"
bis
zum
hand-
und
fußfesten
,,Schustertanz"
mit
ihren
frischen
Weisen,
ihrer
zügigen
Musik
und
den
anziehenden
Tanzformen
echte
Volkskunst.
Es
sind
die
Volkstänze,
in
denen
die
Anmut unserer Jugend zur vollen Entfaltung kommt.
Das Schönhengster Land